Auf ein Wort

"Mit Gott an Grenzen kommen" - Themenjahr 2019

Wer auf Reisen geht, kommt häufig an Grenzen, mittlerweile sind sie ja sogar in Europa wieder in die Diskussion gekommen, was ja momentan durchaus ein aktuelles gesellschaftliches Thema ist. Landesgrenzen sind territoriale Abgrenzungen und dienen der Klärung von Eigentum und Zugehörigkeit. Häufig wird es problematisch, wenn die kulturellen Grenzen nicht den territorialen Grenzen entsprechen oder wenn Grenzen aus politischen Gründen künstlich geschaffen oder mit militärischen Mitteln verändert werden sollen. Immer ist mit solchen Grenzen aber eine Ab-Grenzung gegenüber anderen verbunden.

Wir erleben aber noch ganz andere Grenzen, die vor allem mit Zugehörigkeit zu tun haben. Solche Grenzen haben wir im Blick mit unserem Jahresthema, ein An-Grenzen-Kommen nicht nur im kollektiven, sondern vor allem im persönlichen Leben. Zwei Themen sehen wir dabei, über die wir in diesem Jahr einladen nachzudenken:

mit Gott und mit meinem Glauben an Grenzen kommen

Der Zweifel, die Frage nach dem Sinn oder auch die Vermischung von Glaubensinhalt und kirchlicher Struktur werden häufig als religiöse Grenzpunkte erlebt. Durch Krisen, Krankheiten oder sogar den Tod kommen wir immer wieder auch an physische und psychische Grenzen. Wir bringen nicht mehr zusammen, was wir erleben und was wir glauben. Wie kann ich an einen gnädigen Gott glauben, wenn ich persönlich Mobbing oder einen schweren Schicksalsschlag erlebe? Diese Grenze ist persönlich und jeder zieht sie anders.

Ich finde es wichtig, darüber miteinander zu reden, in der Gemeinde, in der Familie, unter Freunden, meine Fragen offen auf den Tisch zu legen und zu diskutieren: Wo finde ich Gott? Wie kann ich ihn als liebenden Gott begreifen in aller Unbegreiflichkeit? Und wie erlebe ich seine Kirche, wenn ich an solche Grenzen komme? Ich bin überzeugt, dass das Evangelium viele Antworten dafür bereit hält. Nicht immer sind sie bequem, aber immer fürs Leben tragfähig. Für mich sind die Seligpreisungen in der Bergpredigt oder die Psalmen solch hilfreiche Texte, in denen mir deutlich wird: um ein erfülltes Leben mit Gott zu führen, gibt es Grenzen, die Gott für uns vorgesehen hat, die uns nicht ausbremsen, sondern uns helfen.

Auch persönliche Wendepunkte erleben wir oft als Grenzen: z. B. Scheidung, Tod des Ehepartners, Verlust des Arbeitsplatzes. Mein persönlicher Wendepunkt wird im Oktober dieses Jahres das Ende meiner Amtszeit als Dekanin in Rosenheim sein. Auch das ist für mich eine Grenze, eine Schwelle, über die ich gehen muss und darf. Dabei ist für mich klar: jede Grenze, die mir gesetzt ist, birgt Neues, auf das ich zugehe.

Ich lade Sie herzlich ein, über die Vielfalt zum Thema "Mit Gott an Grenzen kommen" nachzudenken.

Einen besonderen Anlass über die Lebensgrenze nachzudenken, bieten wir im gesamten Monat Mai. Mit vielfältigen und unterschiedlichsten Veranstaltungen werden wir in Rosenheim zusammen mit weiteren Partnern (Diakonie, Caritas, EBW, Hospizverein, Pro Senioren, Nachbarschaftshilfe, Stadtbibliothek) vor allem die Grenze des Lebens von unterschiedlichen Seiten her beleuchten und diskutieren. Dazu lade ich Sie heute schon herzlich ein. 

Ich wünsche Ihnen gesegnete und lebendige Grenz-Erfahrungen!

Herzlich,
Ihre Hanna Wirth, Dekanin